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Interview mit „make it work!“ Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe

Es soll sich endlich etwas ändern! – #MeToo erhielt viel Aufmerksamkeit, leider sind die Betroffenenzahlen sexualisierter Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatzweiterhin hoch. Das bff-Projekt „make it work!“ setzt sich dafür ein, damit sich die Situation von Betroffenen endlich verbessert und sie mehr Unterstützung erfahren.

Lernt heute Larissa Hassoun vom bff, dem Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland, kennen! Im bff sind über 200 Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen zusammengeschlossen, die zusammen einen Großteil der ambulanten Beratung und psychosozialen Unterstützung für weibliche Betroffene von Gewalt in Deutschland leisten. Erfahrt hier, wie die bff-Beratungsstellen und „make it work!“ konkret dazu beitragen, die Situation Betroffener sexualisierter Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz zu verbessern:
Liebe Larissa, stell Dich am besten selbst einmal kurz vor…
Larissa: >> Mein Name ist Larissa Hassoun, ich arbeite seit 2019 beim Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) in dem Projekt „make it work!“. Das Projekt wird finanziert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Mit „make it work!“ wollen wir beim bff dafür sorgen, dass Betroffene sexueller Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz endlich mehr Unterstützung bekommen und dass die andauernde Tabuisierung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz endlich aufhört. Wir informieren Betroffene, wo sie Hilfe finden können und dass Fachberatungsstellen und Frauennotrufe an ihrer Seite sind, wenn sie vertrauliche Beratung und Unterstützung brauchen. Wir arbeiten im Rahmen von „make it work!“ mit Fachkräften aus verschiedenen Arbeitsbranchen zusammen und geben die Expertise des bff zum Thema „Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz“ in unseren bundesweiten Netzwerken und in die Öffentlichkeit weiter. Unsere bff Berater*innen schulen außerdem Arbeitgeber*innen bundesweit. Uns ist es wichtig deutlich zu machen, dass Führungskräfte diejenigen sind die präventiv etwas gegen Belästigung und Gewalt in ihren Betrieben tun müssen. Das ist keine freiwillige Leistung, sondern ihre gesetzliche Pflicht laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Leider werden Führungskräfte aber oft erst dann aktiv, wenn schon ein Vorfall sexueller Belästigung in ihrem Betrieb passiert ist und dann sind sie mit der Situation häufig total überfordert. Das kann schwere Folgen für die Betroffenen und den gesamten Betrieb haben. Die Verantwortung der Arbeitgeber*innen wird auch medial viel zu wenig thematisiert, das wollen wir mit „make it work!“ ändern.
© bff 2021
Wofür brennst Du in Deinem Berufsleben? Was ist Dein „Motor“, wofür stehst Du jeden Tag auf?
Larissa: >> Auch nach der globalen #MeToo-Bewegung wird das Thema sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz immer noch massiv tabuisiert. Insbesondere in Betrieben und Organisationen selbst wird kaum über die Alltäglichkeit von belästigendem Verhalten gesprochen und es gibt oft keine Sensibilität für das Thema, überwiegend auch auf Seiten von Personalverantwortlichen. Fakt ist: Belästigung kommt überall vor, in allen Branchen, auf allen Hierarchieebenen und sie beginnt weit vor körperlichen Übergriffen. Unter anderem gehören auch sexistische Kommentare und Witze oder das Aufhängen sexistischer Bilder oder Kalender in den Büroräumen dazu. Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sind die verschiedenen Formen von Belästigung ganz klar definiert. Es braucht daher unbedingt mehr Bewusstsein für die verschiedenen Ausdrucksweisen von Belästigungen und Gewalt, mehr Wissen über die Rechte von Beschäftigten am Arbeitsplatz und darüber was für schwere Folgen sexuelle Grenzüberschreitungen für Betroffene haben können.
Aber Veränderung ist möglich und das ist wichtig zu betonen: Wir sehen, dass wenn Betriebe sich wirklich professionell zum Thema „Schutz vor sexueller Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz“ aufstellen – am Besten begleitet von einer Fachberatungsstelle – dann kann der ganze Betrieb davon profitieren. Denn das ermöglicht schlussendlich, dass ein grenzachtender Umgang miteinander möglich ist und damit auch ein gutes Betriebsklima entstehen kann in dem sich alle Beschäftigten sicher und respektiert fühlen. Außerdem ist es mir und unserem Team ein großes Anliegen zu zeigen, dass sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz immer mit Macht zu tun hat und dass wir daher gesellschaftliche Machtverhältnisse und die Allgegenwärtigkeit sexistischer Gewalt bei diesem Thema mitdenken müssen. Belästigung passiert nie in einem machtfreien Raum, sie wird oft benutzt um Machtpositionen zu stärken und Betroffene innerhalb einer betrieblichen Hierarchie an ihren Platz zu verweisen. Menschen, die verschiedenen Diskriminierungen ausgesetzt sind, erfahren besonders häufig sexualisierte Grenzüberschreitungen und müssen mehr Unterstützung bekommen. Statistiken zeigen seit vielen Jahren, dass insbesondere Frauen Belästigung und Gewalt erfahren. Mehrfachdiskriminierung spielt eine große Rolle bei diesem Thema. Beispielsweise erleben Frauen und Mädchen mit Behinderungen doppelt so häufig Gewalt- auch am Arbeits- und Ausbildungsplatz. Trans, non-binäre oder inter Personen und Menschen mit Rassismuserfahrungen erleben andere, oftmals verstärkte Formen von sexueller Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz, weil verschiedene Formen von Diskriminierung gleichzeitig zusammenwirken, wie beispielsweise Sexismus und Diskriminierung aufgrund der Behinderung, oder Diskriminierung von trans Personen und Rassismus. Wir müssen die vielfältigen Erfahrungen von Betroffenen aktiv ansprechen, wenn wir über sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz reden, damit wir Betroffenen bedarfsgerechte Unterstützung bieten können.
© bff 2021 I Illustration von Tomka Weiß
Wie sieht Dein Alltag heute so aus? Was bestimmt täglich Dein berufliches Leben?
Larissa: >> Wir arbeiten täglich ganz eng mit unseren bff-Fachberaterinnen zusammen, damit haben wir eine ganz starke Fachexpertise im Rücken. Die Beraterinnen kennen die Bedarfe der Betroffenen, die so oft in der öffentlichen Debatte über dieses Thema übersehen werden. Oft wünschen sich die Betroffenen Raum und Zeit sich zu stabilisieren und dabei erfahren sie Unterstützung durch die Fachberaterinnen. Unsere Expertinnen aus den Frauennotrufen und Frauenberatungsstellen beraten und schulen auch Arbeitgeber*innen und unterstützen sie bei der Entwicklung von Maßnahmen. Dabei legen sie einen Fokus auf Maßnahmen bei denen die schwierige Situation der Betroffenen mitgedacht wird und die zu einem kompetenten Umgang mit Vorfällen und insbesondere einer wirksamen Präventionsarbeit beitragen können. Wir tragen dieses Wissen aus den Fachberatungsstellen zusammen und betten es in unsere bundesweite „make it work!“ Öffentlichkeitsarbeit ein. Wir sind regelmäßig im Austausch mit wichtigen Schlüsselorganisationen zum Thema bps. Arbeitnehmer*innenvertretungen, Arbeitgeber*innenvertretungen und auch die Politik, damit diese präventiv aktiv werden wenn es um den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitspatz geht und mit gutem Beispiel voran gehen. Um sexueller Belästigung am Arbeitsplatz entgegenzuwirken und wirklich was zu ändern, brauchen wir starke Netzwerke und vor allem Arbeitgeber*innen, die sich ernsthaft und nachhaltig mit dem Thema auseinandersetzen.
© bff 2021
© bff 2021
Wo fängt Gewalt eigentlich an? Welche Arten von Gewalt gibt es und wie können Betroffene sich Hilfe holen?
Larissa: >> Erstmal müssen wir festhalten: Gewalt kommt in sehr vielen verschiedenen Formen vor. Frauen erfahren Gewalt aufgrund ihres Geschlechts und Gewalt gegen Frauen ist Ausdruck eines Macht-Ungleichgewichtes zwischen den Geschlechtern. Es gibt viele Erscheinungsformen von Gewalt gegen Frauen: körperliche Gewalt, sexualisierte Gewalt und sexuelle Belästigung, psychische Gewalt und strukturelle Gewalt, die persönliche Freiheiten und Lebenschancen einschränkt. Der bff und die Fachberatungsstellen machen schon seit Jahren eine starke Lobbyarbeit dazu, mit dem Ziel dass gewaltbetroffene Frauen und Mädchen mehr Unterstützung in ihrer Situation erhalten.
Es geht vor allem darum zu zeigen, dass Gewalt weit vor körperlichen Übergriffen beginnt und auch verbale, non-verbale Gewaltformen schwere Folgen für Betroffene haben können. Grade auch in digitalen Kommunikationsräumen kommt es vielfach zu diskriminierenden und gewaltvollen Übergriffen. Für diese Vielfalt von Gewaltformen muss es gesellschaftlich mehr Bewusstsein geben. Oft werden verschiedene Gewaltformen zusammen ausgeübt. Gewalt gegen Frauen wird in den allermeisten Fällen von Männern ausgeübt. Dabei sind die Täter meist Männer, die den Frauen nahestehen. Gewalt passiert auch am Arbeitsplatz.
Im Fall sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gibt es beispielsweise durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine klare Definition. Laut Definition des AGG ist sexuelle Belästigung ein „unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird.“ (§3 Absatz 4 AGG). Das Gesetz definiert sexuelle Belästigung als verbale, non-verbale und physische Übergriffe und bezieht sich zudem auch auf das subjektive Empfinden der belästigten Person und nicht nur auf die Absicht der belästigenden Person.
Es ist entscheidend, ob die Würde dieser Person verletzt ist, präziser gesagt, ob die betroffene Person ein Gefühl der Herabsetzung, Erniedrigung oder Einschüchterung erlebt. Auf dieser Grundlage sind arbeitsrechtliche Konsequenzen für Täter*innen möglich. Diese Konsequenzen müssen von Arbeitgeber*innen ausgehen, denn der hat die Schutzpflicht.
Das Recht für Frauen und Mädchen auf ein Leben frei von Gewalt ist ein Menschenrecht. Die Realität sieht jedoch anders aus. Unser Ziel ist es daher, das Thema Gewalt insbesondere im sozialen Nahraum, zu Hause und am Arbeitsplatz zu thematisieren und dafür zu sorgen, dass Betroffene wissen wo sie Hilfe und Unterstützung finden können. Ganz wichtig für Betroffene zu wissen ist: Sie haben ein Recht auf eine vertrauliche Beratung, das heißt auf eine Unterstützung, die auf Wunsch auch anonym ist und in der sich Menschen, die Gewalt erfahren professional beraten lassen können, ohne dass Informationen an Dritte weitergegeben werden dürfen. Die Fachstellen haben jahrelange Erfahrung bei der professionellen Begleitung Betroffener: Die Mitarbeiter*innen wissen wie schwer die Situation für die Frauen ist und sind auf ihrer Seite.
Wenn Du Hilfe brauchst dann kontaktiere eine Fachberatungsstelle in Deiner Nähe! Fachberatungsstellen in ganz Deutschland kannst Du finden unter: www.frauen-gegen-gewalt.de/de/hilfe-vor-ort.html.
Natürlich kannst Du dich auch gerne direkt bei uns melden! Weitere Adressen, wo Hilfe gefunden werden kann findest Du am Ende des Interviews.
© bff 2021
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Wie gehst Du mit den Schicksalen um, die Dir durch die Betroffenen begegnen? 
Larissa: >> Uns werden von den Fachberaterinnen immer wieder Geschichten und Erfahrungen von Betroffenen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz berichtet und häufig melden sich Betroffene auch direkt bei uns. Es gibt sehr viele Fälle, die mich lange beschäftigen und die zeigen wie massiv Betroffene gerade unter den scheinbar subtilen und im Berufsalltag häufig normalisierten sexuellen Grenzüberschreitungen zu leiden haben. Bspw. wenn diese durch Sprüche oder Kommentare oder scheinbar zufällige Berührungen passieren. Gerade dann erleben Betroffene häufig, dass ihnen nicht geglaubt wird, dass ihre Erfahrungen nicht ernst genommen werden und ihnen zugeschrieben wird die Situation missverstanden zu haben, „keinen Humor zu haben“ oder „zu verkrampft zu sein“. Anstatt Hilfe und Unterstützung zu erfahren, müssen Betroffene mit dem Vorfall und der gewaltvollen Reaktion des Umfelds umgehen. Viele Betroffene empfinden große Scham und sind total verunsichert, ob das, was ihnen passiert ist, Belästigung war oder nicht. Viele bleiben alleine mit ihrer Situation und tragen physische, gesundheitliche und berufliche Konsequenzen. Nicht selten sind es die Betroffenen, die als einzigen Ausweg aus dieser Situation die eigene Kündigung sehen. Das ist so bitter und hat häufig auch massive finanzielle Folgen für sie. Deswegen ist es so wichtig, dass die Betroffenen wissen, wo sie Hilfe finden und dass sich in den Betrieben der Umgang mit dem Thema ändert. Häufig werden wir gefragt, was Betroffene gegen Belästigung tun können und das ist eine wichtige Frage. Aber wir sollten uns bewusst machen, dass die eigentlich zentrale Frage darin besteht, was Führungskräfte und Arbeitgeber*innen tun können, denn sie haben eine Schutzpflicht gegenüber Beschäftigten.
Jede 11. erwerbstätige Person ist von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen* – Welche Rechte habe ich als Arbeitnehmer*in? Gibt es auch Pflichten auf der Arbeitgeber*innen-Seite?
Larissa: >> Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (kurz AGG) verbietet sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Es schützt Beschäftigte und Auszubildende der Privatwirtschaft und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes – im Kontext des Beschäftigungsverhältnisses. Im AGG stehen klar formulierte Pflichten, die durch Arbeitgeber*innen zu beachten und umzusetzen sind, wenn es darum geht Beschäftigte vor Belästigung und Gewalt zu schützen. Zu den Pflichten von Arbeitgeber*innen gehört laut Gesetz auch ganz explizit die Prävention sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, jedoch ist das leider vielen Führungskräften nicht klar. Arbeitnehmer*innen werden im AGG verschiedene Rechte am Arbeitsplatz durch das AGG zugesichert. Jedoch sind vielen Arbeitgeber*innen ihre gesetzlichen Pflichten weiterhin nicht bekannt, daher werden Maßnahmen zum Schutz von Mitarbeitenden vor Belästigung kaum in der Praxis umgesetzt. Arbeitnehmer*innen wissen häufig nicht, dass sie ein Recht auf einen Arbeitsplatz ohne Belästigung und Gewalt haben. Das Umsetzungsdefizit und fehlende Bewusstsein über die im Gesetz formulierten Arbeitnehmer*innenrechte und Arbeitgeber*innenpflichten haben massive Konsequenzen für die Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz in der Praxis: In einer Studie der Antidiskriminierungsstelle von 2019 wird deutlich, dass der Rechtsweg seitens Betroffener praktisch nie beschritten wird (Link Studie: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/umgang_mit_sexueller_belaestigung_am_arbeitsplatz.pdf;jsessionid=7C729C79671D0830BC5E0F2A968E2A6D.intranet241?__blob=publicationFile&v=3). Wichtig ist außerdem zu wissen, dass Gerichtsverfahren für Betroffene mit hohen Belastungen verbunden sind. Ganz besonders im Fall von Belästigung braucht es eine gute rechtliche Beratung, um einzuschätzen inwiefern rechtliche Schritte (gegen Arbeitgeber*innen) für Betroffene sinnvoll und erfolgreich sein können.
© bff 2021
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Haben sich während der Corona-Pandemie mehr Betroffene sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz in Beratungsstellen gemeldet?
Larissa: >> Durch die Pandemie und die daraus resultierende teilweise Verlagerung von vielen Arbeitsplätzen ins Homeoffice passieren viele sexuelle Grenzüberschreitungen verstärkt auch über digitale Formen. Diese Formen von Belästigung gibt es natürlich nicht erst seit der Covid19-Pandemie. Dabei werden im Fall digitaler Belästigung beispielsweise grenzüberschreitende Bilder oder Botschaften über den PC versendet, aber natürlich auch über Handys oder Telefone wird belästigt. Bei diesen virtuellen non-verbalen oder verbalen Erscheinungsformen sind die Folgen für Betroffene massiv und ganz real, gerade weil das eigene zu Hause ein Schutzraum sein sollte. Für zu viele ist es das nicht, aber natürlich sind Menschen, wenn die Gewalt in ihrem eigenen zu Hause geschieht, häufig noch mehr angegriffen und verletzt. Digitale Belästigung und Bedrohungen sind potentiell immer präsent, wenn ich das Smartphone oder den Laptop nutze. Abgrenzungsmöglichkeiten und das Gefühl sich der Situation entziehen zu können, sind dadurch sehr viel mehr beschränkt. Es ist ein Eindringen in den privaten Raum der Betroffenen. Das kann die Situation noch verschärfen. Es ist aber wichtig zu betonen, dass es in der Regel eben nicht so ist, dass sexuelle Grenzüberschreitungen am Arbeitsplatz, wenn sie im Büro, auf der Baustelle, im Krankenhaus oder wo auch immer Menschen arbeiten, passieren für die Betroffenen auch dort bleiben. Natürlich nehmen die betroffenen Menschen diese Erfahrungen und Erlebnisse mit nach Hause, sie sind ja in ihnen als Person wirksam und deswegen auch so massiv in ihren Folgen.
Hast Du zum Schluss noch einen Tipp bzw. Rat an alle da draußen, wie auch sie das Thema „gewaltfreier Arbeitsplatz“ unterstützen können?
Larissa: >> Wir können nicht oft genug betonen, wie wichtig Zivilcourage am Arbeitsplatz ist. Es kann einen entscheidenden Unterschied für Betroffene machen, wie das Umfeld reagiert. Wenn Kolleg*innen wachsam und sensibilisiert sind und bereit sind, einzugreifen, wenn Belästigungen passieren, kann das Betroffene unheimlich unterstützen. Es zeigt den Betroffenen, dass sie nicht allein sind und dass auch andere im Team wahrgenommen haben, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wenn Du als Kolleg*in grenzüberschreitendes Verhalten beobachtest oder wahrnimmst, dass es einer Person nicht gut geht, solltest du aktiv werden. Das heißt als allererstes: Sprich die betroffene Person an und biete Deine Unterstützung an. Mach deutlich, dass die Person keine Schuld an der Situation trägt und Recht auf Hilfe hat. Du kannst beispielsweise anbieten, gemeinsam Unterstützung zu suchen und Kontakt zu einer Beratungsstelle aufzunehmen. Auch Kolleg*innen können sich in den Beratungsstellen melden und nachfragen, was sie tun können. Du kannst auch Zivilcourage zeigen, indem Du in einer Belästigungssituation Gesicht zeigst, Dich an die Seite der Betroffenen stellst und dem Belästiger zeigst, dass Du als Zeug*in mitbekommen hast, was hier passiert und, dass das Verhalten nicht in Ordnung ist. Das kann sehr wirksam sein, weil es die Situation klar als Belästigung benennt und damit auch Betroffene stärkt. Wichtig ist natürlich, dass Du als Kolleg*in immer darauf achtest, was die Betroffene Person braucht und Dich danach richtest.
Vielen Dank, liebe Larissa – für dieses interessante und aufklärende Interview und natürlich für die Arbeit vom „make it work!“-Team für das Thema Schutz vor sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz.
Liebe Wonderwomen da draußen, habt Ihr Fragen an Larissa oder möchtet Ihr Eure Meinung zu diesem Interview mitteilen? Dann hinterlasst einfach einen Kommentar unter diesem Beitrag!

Hier bekommst du Unterstützung wenn Du sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeits- oder Ausbildungsplatz erlebst:

• Datenbank der Fachberatungsstellen des Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) in deiner Nähe: www.frauen-gegen-gewalt.de/de/hilfe-vor-ort.html
Die Beratung gibt es bundesweit und in mehreren Sprachen. In der Datenbank kannst nach diesen Kriterien gesucht werden. Leider ist das mehrsprachige Angebot nicht flächendeckend.

• Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: Unter der Nummer 08000 116 016 und via Online-Beratung können sich gewaltbetroffene Frauen und ihre Unterstützer_innen rund um die Uhr melden und Hilfe bekommen. Mehr Informationen findet ihr unter: www.hilfetelefon.de

• Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Unter der Nummer (030) 18555 – 1855 können sich betroffene Beschäftigte und auch Arbeitgeber_innen bezüglich rechtlicher Fragen zum Thema Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz melden.


„Frauen gegen Gewalt“ – Webseite: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/aktuelles.html

„Aktiv gegen digitale Gewalt“ – Webseite: https://www.aktiv-gegen-digitale-gewalt.de/de/

„Suse hilft“ – Webseite: https://www.suse-hilft.de/de/

bff bei Twitter: https://twitter.com/bff_gegenGewalt

bff bei Facebook: https://www.facebook.com/bffgegenGewalt/?fref=ts

bff bei Instagram: https://www.instagram.com/bff_gegengewalt/


Bildnachweise:

Fotos: © bff 2021

Quelle:

„Statista“ – Webseite: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1219707/umfrage/sexuelle-belaestigung-am-arbeitsplatz-nach-geschlecht/

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